09/05/2025 0 Kommentare
Wir nehmen Abschied - Nachruf auf Pfarrer i.R. Hans-Werner Völker
Wir nehmen Abschied - Nachruf auf Pfarrer i.R. Hans-Werner Völker
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Wir nehmen Abschied - Nachruf auf Pfarrer i.R. Hans-Werner Völker
Am 22. April starb überraschend unser Pfarrer i.R. Hans-Werner Völker. Peter Rischard, ehemaliger Leiter des Kinder- und Jugendbüros, erinnert sich in einem Nachruf an ihn, den Sie hier (leicht gekürzt) lesen können.

Im Spätherbst 1985 habe ich, Peter Rischard, Hans-Werner Völker bei meinem Bewerbungsgespräch im Eki-Haus kennengelernt. In Erinnerung ist mir aus diesem Gespräch, dass er zuhören und unbequeme Fragen stellen konnte. Er wollte wissen, inwiefern das von mir beschriebene Handeln, damals u.a. die Videoarbeit mit Jugendlichen, etwas mit Kirche und Glaube zu tun habe. Mein unsicheres Stammeln, hat er so stehen lassen. Und wie ich ihn in den Jahren danach kennen- und schätzengelernt habe, war ihm das Reflektieren, das Weiterdenken, ein Anliegen. Ihm war wichtig, dass sein Gegenüber, für sich klar hat, was gesagt und getan wird.
Das Bild oben, hat Hans-Werner Völker in seiner Mail-Signatur und auf Flyern genutzt. Er fand es witzig und stark.
Er hatte Humor. Keinen derben, Menschen verletzenden. Nein, subtil und fein. Über sich selbst konnte er ebenso lachen, wie mit anderen.
Mit Lust hat er, wenn er von uns angefragt und eingeladen wurde, seiner Leidenschaft, der Magie, gefrönt. Verzaubern, zum Lächeln bringen, Staunen und Wohlfühlen waren ihm dann ein Anliegen. Hans-Werner hat es genossen, in die großen staunenden und zugleich fragenden Augen zu schauen.
Hans-Werner Völker hat sich nicht gescheut hinzuschauen. In der Zeit, als die Übersiedler aus Russland und Polen kamen, war er präsent. Die damit einhergehenden Konflikte zwischen "den Neuen" und "den schon immer da gewesenen", hat er nicht kleingeredet.
Allerdings konnte und wollte er das Bild der Übersiedler:innen von einem Pfarrer als einem fast Heiligen nicht bedienen. Er sah sich nicht so.
Auch war ihm die Rolle des Alphamännchen, des Machers, des Allrounders, schlichtweg suspekt und egal.
Ich habe ihn durchgängig als einen Menschen erlebt, der Menschen mochte. Er hat danach gefragt, was einem Menschen dient und was nicht.
Er nahm sich Zeit für Gespräche, interessierte sich für deren Lebenssituationen. Im politischen Kontext des Jugendhilfeausschusses, in dem er für die Kirchengemeinde Monheim saß, waren seine einfachen Fragen, welche Bedeutung dieser und jener Beschluss denn für die Menschen im Berliner Viertel und darüber hinaus habe, nicht immer willkommen.
Zur Zeit der Wehrpflicht hat er junge Männer, die den Dienst an der Waffe verweigerten, beraten und durch die Instanzen begleitet. Nicht selten hat er diejenigen, die sprachlich nicht so begabt waren, durch die Instanzen hinweg, mit seiner Beratung und Zuwendung gestützt. Ich weiß aus Gesprächen, dass es Menschen gibt, die sagen, sie hätten es ohne Pfarrer Völker nicht geschafft.
Mit den hauptberuflichen und ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die im Bereich Süd arbeiteten, pflegte er die Kommunikation. Nach Möglichkeit auch über das Berufliche hinaus. Gemeinsam essen gehen und sich austauschen, waren ihm Anliegen. Sie waren für ihn Kolleg:innen, die der Kirchengemeinde ein Gesicht, ein Sprache und Taten gaben.
Für ihn war klar, dass er der Seelsorger ist. Das nahm er sehr ernst. Seelsorge braucht Theologie, braucht eine fundierte Kenntnis des Menschen und eine solide Qualifikation. "Seelsorge, kann nicht jeder", hat er mir einmal gesagt.
Für ihn war es selbstverständlich die Profession und das Können von anderen, sei es Kirchenmusiker:in, die Küster:in, Jugendmitarbeiter:in, Sozialarbeiter:in der Diakonie, der Leiterin der Kita, anzunehmen und sie dort, wo es darauf ankam, in die erste Reihe zu stellen. Ehrenamtliche und ihr Engagement stellte er nicht hintan.
Über Jahre hinweg haben wir beim Neujahrsempfang im Eki-Haus Dialogpredigten gehalten. Seine Einladung an mich, mit ihm gemeinsam ein Bibelwort auszulegen, es zu erkunden und sich dem Inhalt aus den unterschiedlichen Perspektiven zu nähern, war ihm und mir eine Freude.
Die Philosophie hatte seinen Platz bei ihm. Er war sehr belesen. Mit Freude teilte er seine Gedanken. Was ich zu Anfang unserer Beziehung nicht verstand war, dass er seine theologischen und philosophischen Erkenntnisse nicht der Gemeinde im Gottesdienst vorenthalten wollte.
Nur, weil der Gemeindebezirk Süd von außen als „Ghetto“ oder „Brennpunkt“ bezeichnet und die dort lebenden Menschen als "zurückgeblieben, uninteressiert, nicht ausreichend gebildet, fremd, problematisch" eingestuft wurden (hier habe ich bewusst wertend formuliert, weil dies im Laufe der Jahre immer wieder zum Viertel geäußert wurde) hat er sie doch für Wert empfunden, von seinen Erkenntnissen zu predigen. Er hat die Bewohner des Quartiers durchgehend als Menschen betrachtet, die es Wert sind, sich mit ihnen und ihren Anliegen zu beschäftigen.
Ein Blick in die Besucher: innen des Eki-Treffs legte Zeugnis davon ab, wie vielfältig und heterogen die Menschen im Bezirk waren. Hier brachte Literatur er ein, hat Themen runtergebrochen oder auch einen Männertreff initiiert.
Die langjährigen Auseinandersetzung um Monheim Süd hat er nicht um „seiner Pfründe“ willen geführt. Ihn bewegte die Frage: Was bedeutet es für das Viertel, wenn das intakte Zentrum (Eki 2) einer zentralisierten Verwaltung, zwei Wohngebäuden und einem kleinen Gemeindesaal (Eki 3) weicht? "Werden das Viertel und seine Menschen aufgegeben?", fragte er.
Im Presbyterium hat er bis zu seinem Ausscheiden, auf den Abbruch der Beziehungen zu den Menschen im Bezirk hingewiesen.
Seine rhetorischen Spitzen, war nicht angenehm. „Der nervt“, war zu hören.
Anders als andere, konnte er jedoch Differenzen aushalten, ohne die Kommunikation abzubrechen. Er akzeptierte konträre Positionen. Doch ihnen stellte er sich, wenn aus seiner Perspektive nötig, mit Beharrlichkeit entgegen. Das hat nicht wenige genervt. Er war im positiven Sinne konservativ und um Bewahrung bemüht. Nicht um seiner selbst, sondern um der Menschen willen.
Hans-Werner betrachtete die Friedensbewegung, und die Civil Rights Movement, die Menschenrechtsbewegung, nicht als aus der Zeit gefallen. Er hat mit Liebe und Hingabe die Songs dieser Bewegungen gepflegt und gesungen. Nicht aus Nostalgie. Nein, weil er davon überzeugt war, das ist wichtig. Jetzt in diesem Moment.
So wie ich ihn kennengelernt habe, schätzte er den Wert von langjährigen Freundschaften.
Nein, ich bin nicht so vermessen, dass ich ihn als Freund bezeichnen würde. Wir haben uns gegenseitig sehr geschätzt und vertraut.
Nach meinem Ausscheiden blieben die Mails zu den Geburtstagen oder auch mal eine Nachfrage unsere Verbindung.
Keine zwei Jahre ist es her, als er auf dem Friedhof Abschied von seiner Frau Sybille nahm.
Hans-Werner Völker. Ich bin froh, ihn gekannt zu haben.
Ein herzliches Dankeschön an Peter Rischard, dass er uns seine Worte zur Verfügung stellt.
Unsere Anteilnahme gilt den Töchtern von Pfarrer i.R. Völker, Julia, Sonja, Barbara und Carola, sowie ihren Familien.
Die Trauerfeier für Hans-Werner Völker wird am 21. Mai, 13.30 Uhr in der evangelischen Kirche Urdenbach stattfinden.
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